Er ist’s doch nicht
Haben Sie auch schon davon gehört?: Angeblich soll der Frühling beginnen. So steht es jedenfalls im Kalender. Aber von wegen „lässt sein blaues Band“ – hier irrt der liebe Eduard Mörike. Durch die Lüfte flattern höchstens alte Blätter und Paperfetzen, aufgepeitscht von den umfangreichen Sturmtiefs über dem Nordmeer, die uns derzeit ständig unbeständiges Wetter bescheren. Und die wohlbekannten Düfte, die das Land streifen, entstammen vornehmlich den Produktionsstätten und Dieselabgasanlagen und lassen allenfalls kommende Erkrankungen der Atemwege erahnen.
Vergeblich mühen sich einstweilen Krokusse, Märzveilchen und Forsythien um etwas Farbe. Dauergüsse, ab und zu vermischt mit etwas Schnee oder Hagel, und dunkle Wolken legen unbarmherzig einen grauen Schleier über Stadt und Land – und schließlich auch aufs Gemüt.
Während die Seele nach der Sonne lechzt, muss sich der Leib noch immer in unförmige Rollkragenpullis, Vliesjacken und dicke Socken hüllen. Die Sehnsucht, sich jetzt endlich in ein luftigleichtes Frühlinsgewand zu hüllen, verwandelt ein Blick aufs Thermometer auf der Stelle in lautes Zähneklappern.
Doch noch ist nicht aller Frühlingstage Abend. Vielleicht irren sich die Damen und Herren Meteorologen ja, die auch für nächsten Tage keine Wetterbesserung vorhersagen wollen. Und schließlich bleibt ein letzter Trost: In drei Monaten ist Sommeranfang.